Bis zum politischen Umbruch 1989 sah sich das kommunistische Regime
in Polen bemüßigt, die Existenz von Minderheiten, insbesondere
der deutschen, zu leugnen. Jenen, die sich als Deutsche fühlten
und Deutsche bleiben wollten, blieb bislang nur die Alternative
der Aussiedlung in die Bundesrepublik Deutschland. Erst mit der
Übernahme der Regierungsgewalt durch die unabhängige Gewerkschaftsbewegung
Solidarnosc deuteten sich realistische Chancen für eine Verbesserung
der Situation der deutschen Minderheit an. Die gemeinsame Erklärung
von Bundeskanzler Kohl und Ministerpräsident Mazowiecki am
14.11.1989 läutete eine neue Phase in der Minderheitenpolitik
Warschaus ein. Warschau erklärte sich nun bereit, den Deutschen
alle Rechte zuzugestehen, wie sie auch allen anderen Bürgern
in der Volksrepublik Polen zur Verfügung stehen sollten. Es
wurde ein Prozeß der Demokratisierung in Gang gesetzt, der
auch die rechtliche und politische Stellung der deutschen Volksgruppe
in Polen grundlegend ändern sollte.
Heute wohnen Deutsche mit 90% als dem Hauptwohngebiet in Oberschlesien,
sodann im südlichen Ostpreußen, Stettin/Hinterpommern
und Westpreußen/Danzig, einschließlich Thorn und Bromberg
sowie Niederschlesien, Lodz, Neumark und der Region Posen. Daher
kann man eigentlich von zwei unterschiedlichen deutschen Minderheiten
in Polen reden. In Oberschlesien lebt die Bevölkerung deutscher
Identität in einem weitgehend geschlossenen Gebieten. In anderen
Regionen leben Deutsche verstreut. Nur in Ostpreußen, der
Woiwodschaft Allenstein, kann man noch eine gewisse Konzentration
feststellen.
Die demographische Struktur der Deutschen in Polen ist deformiert.
Die ältere Generation ist der deutschen Sprache mächtig,
die mittlere ist in hohem Grade polonisiert, weil in der Zeit zwischen
1945 und 1989 in Oberschlesien in fast keiner Grund- und Mittelschule
der Deutschunterricht zugelassen wurde. Sehr viele dynamische Menschen,
besonders mit akademischer Ausbildung, haben Polen in den zwei letzten
Ausreisewellen 1980/81 und 1989/90 verlassen. Seit 1990 ist diese
Zahl jedoch drastisch zurückgegangen.
Die deutsche Minderheit in Polen bilden daher im Wesentlichen ältere
Menschen, davon überwiegend Landwirte, Handwerker und Arbeiter.
Im Sommer des Jahres 2003 kam es bei einer Volkszählung in
Polen zu einem überraschenden Ergebnis. Danach haben sich nur
rund 153.000 Personen zu ihrer deutschen Nationalität bekannt.
Die Zugehörigkeit zu einer schlesischen Nationalität
erklärten 173.000 Personen. Laut Volkszählungsbericht
gaben 204.000 Personen an, die deutsche Sprache zu Hause täglich
zu benutzen. Diese Ergebnisse widerlegen die alten Vermutungen von
höheren Deutschenanteilen in Polen. Das Resultat besitzt einen
relativ hohen Grad an Seriosität, zumal es keinen staatlichen
Druck gab, ein bestimmtes Bekenntnis abzugeben. Jedoch muß
nach wie vor damit gerechnet werden, daß Angehörige der
deutschen Minderheit immer noch Nachteile eines Bekenntnisses zum
Deutschtum zu fürchten haben.
Das Bekenntnis zum Schlesiertum ist besonders unter
den jungen Leuten vorzufinden, die weder Deutsche noch Polen sein
wollen. Interessant ist, daß 153.000 bekennende Deutsche 280.000
Personen mit deutschem Paß gegenüberstehen. Hier kommt
die gewisse Sonderstellung der Schlesier, besonders der Oberschlesier
zum Vorschein. Ihre Kultur enthält sowohl deutsch-slawische
als auch polnische Einflüsse, daher differiert das nationale
Zugehörigkeitsgefühl oft erheblich.
Mittlerweile wird von Deutschland wie von Polen stillschweigend
geduldet, daß viele Deutsche in Polen faktisch eine Doppelstaatsbürgerschaft
und neben ihrem polnischen Paß auch einen deutschen Paß
besitzen. Schätzungen gehen davon aus, daß rund 200.000
Personen eine doppelte Staatsbürgerschaft haben.
Denkbar ist, daß die polnische Regierung mit der Aufspaltung
in eine deutsche und schlesische Nationalität eine
Spaltung der deutschen Volksgruppe herbeizuführen und die geringe
Größe der deklarierten deutschen Minderheit zum Ausdruck
zu bringen versuchte. Die Förderung und Propagierung dieses
für nützlich befundenen Regionalbewußtseins wird
von Berlin seit Anfang der 1990er Jahre betrieben. Gestützt
wird es durch Hilfen in Millionenhöhe aus dem deutschen Bundesinnenministerium,
die neben der Förderung des Deutschtums auch eine Regionalisierung
bewirken sollen.
Durch die Wende 1989 mit der Wiederherstellung der staatlichen
Einheit der Bundesrepublik mit der Deutschen Demokratischen Republik
Deutschland wurde mit dem deutsch-polnischen Grenzvertrag und dem
deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag (dpNV) vom 17. Juni 1991
eine grundlegende Wende in den nachbarschaftlichen Beziehungen zwischen
Deutschland und Polen und somit der Minderheitenpolitik Polens eingeleitet.
Mit Minderheitenschutzbestimmungen ist die deutsche Volksgruppe
in Polen demnach von staatlicher Seite nicht mehr in ihrer Existenz
bedroht.
Zu den für Polen bereits bestehenden völkerrechtlichen
Verpflichtungen zum Minderheiten- und Volksgruppenschutz kamen auf
völkerrechtlicher Ebene seit den neunziger Jahren neben mehreren
multilateralen Abkommen insbesondere die minderheitenschutzrechtlichen
Bestimmungen aus dem deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag und
auf nationaler Ebene einige Bestimmungen im polnischen Recht, insbesondere
in der neuen polnischen Verfassung von 1997, hinzu. Jedoch bestehen
für das Individuum keine Rechtsbehelfe auf völkerrechtlicher
Ebene, mit denen Rechte aus dem deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag
durchgesetzt werden könnten. Immerhin konnte damit die zwangsweise
Polonisierung der Vor- und Familiennamen von den Betroffenen rückgängig
gemacht werden. Von Bedeutung sind die Vorschriften lediglich deshalb,
weil sie politisch binden.
Seit dem Inkrafttreten der neuen polnischen Verfassung am 17.Oktober
1997 sind in Polen auf Verfassungsebene Minderheitenrechte ausdrücklich
niedergelegt, die zusätzlich zu den allgemeinen Menschen- und
Bürgerrechten gewährt werden. Doch auch hier handelt es
nur um rechtlich unverbindliches Recht.
Ebenso mündeten zahlreiche Initiativen des Europäischen
Parlaments zur Verankerung des Minderheitenschutzes auf der Ebene
der Europäischen Union, etwa durch eine Charta der Rechte ethnischer
Minderheiten, bisher allesamt nicht in eine rechtsverbindliche Form.
Zwar hat sich die Entwicklung der EG/EU von einer Wirtschafts-
zu einer Wertegemeinschaft auch in ihrem Verhältnis zum Minderheitenschutz
niedergeschlagen, doch allein aufgrund des EU-Beitrittes Polens
ist keine Verbesserung der minderheitenrechtlichen Lage zu erwarten.
Das Gemeinschaftsrecht beschränkt sich weitgehend auf Diskriminierungsverbote.
Von 1989, acht Jahre nach Verabschiedung der neuen polnischen Verfassung
und knapp ein Jahr nach Beitritt zur EU verabschiedete der Sejm
für Polen als einzigen Staat des Ostblocks ohne Minderheiten-
oder Minderheitensprachgesetze gegen massiven national-katholischen
Widerstand das neue Gesetz über die nationalen Minderheiten
und die Heimatsprache von Anfang 2005, das nun endlich auch
eine rechtliche Bindung entfaltet. Hier kommt deutlich zum Ausdruck,
welch geringe Bedeutung den Verträgen und Bestimmungen bislang
zukam.
Bislang galten nach einem Präsidentenerlaß vom 24.10.1934
nur polnische Toponome. Neben dem Polnischen kann nun die Sprache
der Minderheit als so genannte Hilfssprache bei allen Amtshandlungen
in der Gemeinde schriftlich und mündlich benutzt werden. Kurzum
werden in 25 Gemeinden die Möglichkeit der Anwendung der Hilfssprache
bestehen, sowie die Umsetzung der zweisprachigen Beschilderung der
Orte, Straßen und Objekte.
1989, nach dem Fall des eisernen Vorhanges, entstand für die
noch in Polen lebenden Deutschen auf der Basis des Gesetzes zur
Bildung von Gesellschaften vom 07. April 1989 die Möglichkeit,
sich zu organisieren. Schon im Jahre 1990 begannen die Versuche
die in allen Gebieten der Deutschen Minderheit entstandenen Gesellschaften
unter einem Dachverband zu einigen. Sie mündeten in die Gründung
des Verbands der Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften
in der Republik Polen (VdG). Der VdG mit fast 270.000 zahlenden
Mitgliedern ist Sammelstelle für Informationen über die
politische Vertretung der deutschen Minderheit auf nationaler sowie
kommunaler Ebene. Weiterhin kümmert er sich um Belange der
Schulen und der Hochschulbildung der Deutschen. 1996 wurden die
Hilfen der Bundesregierung eingestellt. Neben staatlichen Stellen
erfährt die deutsche Minderheit durch zahlreiche Wohlfahrtsverbände,
Organisationen und Privatpersonen weitere Unterstützung für
ihre Arbeit. Hierbei ist in Deutschland wie in Polen die Tätigkeit
deutscher landsmannschaftlicher Organisationen wie des Bundes der
Vertriebenen, die auch politische Forderungen artikulieren, in der
Öffentlichkeit nicht unumstritten.
Die Informations- und Meinungsfreiheit wird von den Deutschen auf
der Ebene der Printmedien intensiv genutzt, da hier in Polen keinen
Beschränkungen bestehen.
Seit 1990 gibt es etliche regelmäßig erscheinende Zeitungen
und Zeitschriften. Einen bedeutenden Einschnitt stellte die Streichung
von Fördergeldern aus der Bundesrepublik Deutschland im Jahre
1996 dar. Jedoch erhält die deutsche Minderheit neben Unterstützung
von polnischer staatlicher Seite geringe Mittel des Auswärtigen
Amtes zur Förderung der Sprache, Kultur und Medien.
Eigene Rundfunksender von Gesellschaften der deutschen Minderheit
bestehen bislang nicht. Es werden aber von einigen Lokalsendern
Sendungen in deutscher Sprache ausgestrahlt. Dazu gehören Radio
Olsztyn, Radio Oppeln, Radio Park sowie Radio Vanessa.
Weit weniger stark ist die Präsenz der deutschen Volksgruppe
im Fernsehen. Es gab aber schon seit 1991 Bemühungen zur Schaffung
volksgruppeneigener Radio- und Fernsehsender bezüglich der
Erlangung eigener Frequenzen. Ab 1992 gab es dahingehend etliche
Versuche, die immer an Financiers scheiterten. Seit 2000 läuft
die "Schlesische Wochenschau".
Immer größere Bedeutung für den Austausch und die
Verbreitung von Informationen durch die Minderheitenangehörigen
und ihre Organisationen erlangt das Internet. Die umfangreichste
Internetseite unterhält der Verband der deutschen sozial-kulturellen
Gesellschaften in Polen.
Den Anfang einer Partizipation deutscher Vertreter im polnischen
öffentlichen Leben stellte der erste landesweite Kongreß
der unabhängigen Gewerkschaft Solidarität im Oktober 1989
dar. Mittlerweile ist eine gut organisierte deutsche Minderheit
im polnischen politischen Leben anwesend, besonders jedoch in der
Woiwodschaft Oppeln, aus der zahlreiche Gemeinden seither deutsche
Bürgermeister und Gemeinderat- bzw. Landtagsvertreter kommen.
Die Befürchtungen der Polen der Jahre 1990-1991, daß
eine deutsche Partizipation zu Problemen führen könnte,
haben sich nicht bestätigt. In den Gemeinden, wo die deutsche
Minderheit mehrheitlich ist, läuft das Leben normal und ruhiger
als in rein polnischen Gemeinden.
Die Statistik über Ausschreitungen gibt Beweise für diese
Feststellungen. Auch zwischenmenschliche Konflikte mit ethnischen
Hintergründen treten nicht massenweise auf. Seit 1995 berichten
die Medien über die Angelegenheiten der deutschen Minderheit
verhältnismäßig objektiv und ohne Emotionen. Im
Parlament ist die Anwesenheit der Vertreter der deutschen Minderheit
als normal angesehen. Die politische Linie des Parlamentarischen
Kreises der Deutschen Minderheit ist eindeutig demokratisch und
pro-europäisch.
Derzeit wird die deutsche Minderheit im Sejm durch zwei Abgeordnete
vertreten. Eine Erklärung für die schwindende Zahl der
deutschen Vertreter wird in einem generellen Desinteresse der Minderheit
an polnischer Politik gesehen. Ein weiterer Grund ist die zunehmende
Integration der jüngeren Angehörigen der Minderheit in
Polen, die ihre wichtigsten kulturellen Belange gesichert sehen
und keine spezielle deutsche Lobby im Parlament mehr für notwendig
halten.
Die Deutschen wurden im Bildungswesen und Kulturbereich diskriminiert,
indem ihnen Gründung und Tätigkeit von Kulturverbänden
verwehrt wurden, ebenso versagte ihnen das sozialistische Polen
deutschsprachigen Schulunterricht und das Recht, die eigene Muttersprache
im Umgang mit Behörden und Verwaltungen in jenen Gebieten zu
benutzen, in denen größere deutsche Bevölkerungsteile
leben oder sogar die Mehrheitsbevölkerung stellen.
So gibt es seit dem Schuljahr 1992/93 wieder muttersprachlichen
Deutschunterricht. Landesweit wird inzwischen an 132 Grundschulen
muttersprachlicher Deutschunterricht als Zusatzunterricht für
rund 13.200 Schüler erteilt. Im oberschlesischen Oppeln jedoch
besteht seit dem Schuljahr 1999/2000 sogar ein Gymnasium mit Deutsch
als Unterrichtssprache. Außerhalb Schlesiens gibt es jedoch
keine besonderen Schuleinrichtungen für die deutsche Volksgruppe.
Dort ist sie auf Deutsch als Fremdsprache angewiesen. Vorlesungen
in deutscher Sprache werden an der Technischen Hochschule in Oppeln
angeboten. Zudem verfügen die Universitäten Oppeln, Breslau,
Danzig und Thorn sowie die Pädagogische Hochschule Allenstein
über germanistische Abteilungen. Im Ergebnis ist ein steigendes
Angebot an Deutschunterricht und damit auch ein Zuwachs an deutschsprachiger
Jugend vor allem unter Schülern und Studenten zu verzeichnen.
Ein immer wichtiger werdender Faktor für die deutsche Minderheit
in Polen wird die in den deutschen Vereinen organisierte Jugend.
Wo die ostdeutschen Landsmannschaften mit ihren Jugendorganisationen
eindeutig auf die Förderung des Deutschtums innerhalb der deutschen
Minderheit in Polen hinwirken, so ist der größte Jugendverband,
die Ermis, nichtpolitisch und katholisch ausgerichtet. Zwar sprechen
die jungen Deutschen im Raum Allenstein weitgehend Deutsch, ihre
Identität ist jedoch weitgehend vom Katholizismus und fast
gar nicht von der Nationalität geprägt. Insgesamt ist
die Bereitschaft, die deutsche Sprache zu erlernen, in den Städten
eindeutig höher als in ländlichen Regionen.
Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß Jugendliche
in den Gruppen nur schwach vertreten sind. Wo eigene Jugendgruppen
existieren, zeigen sich häufig Generationskonflikte. Die Vorstellungen
und Aktivitäten der älteren Generation finden bei den
Jugendlichen kaum Widerhall. Dabei spielen nicht nur sprachliche
Probleme eine Rolle, sondern vor allem unterschiedliche Interessen
und starke Überalterung der Gruppen.
Die meisten Deutschen haben sich unter den neuen demokratischen
Bedingungen und ihrer Anerkennung als nationale Minderheit in Polen
zum Bleiben entschieden. Sie können ihre kulturellen Traditionen
und die Verbindungen nach Deutschland pflegen und werden aus Deutschland
unterstützt. Sie tragen heute ihren Teil zum Auf- und Umbau
Polens und seiner Gesellschaft bei.
Daß auch wesentliche Probleme zwischen der Mehrheit und der
deutschen Minderheit zu scharfen Konflikten kommen, kann nicht eindeutig
verneint werden. Der Zweite Weltkrieg und seine Folgen werden unaufhörlich
der deutschen Minderheit in Polen zugerechnet. Das ist schwer erträglich
für die Nachkriegsgeneration, insbesondere für die Jugend
der Minderheit, bei der ein Bekenntnis zur deutschen Nation nur
noch selten ist.
Dort, wo es zum Streit über die Geschichte kommt, kann es
auch zu objektiv bedingten Konflikten kommen. Noch immer werden
von vielen die Deutschen als potentielle Gefahr angesehen. Historisches
Denken spielt in Polen eine wesentlich größere Rolle
als in den westlichen Gesellschaften. Für diese Menschen ist
eine deutsche Minderheit in Polen nicht akzeptabel und wird natürlich
als Hindernis im deutsch-polnischen Verhältnis angesehen.
An der Basis ist die deutsche Minderheit auf mühsame und langfristige
Kleinarbeit eingestellt. Dadurch werden systematisch Spannungen
und Vorurteile bei den Polen abgebaut. Die Lage in den Gebieten,
wo die deutsche Minderheit konzentriert lebt, hat sich normalisiert,
die ethnischen Spannungen spielen dort keine bedeutende politische
Rolle.
Große Teile der deutschen Minderheit in Polen sind oft ärmer
als die polnische Gesellschaft. Hinzu kommt, daß mit den großen
Abwanderungs- und Aussiedlungswellen in die Bundesrepublik Deutschland
die Intelligenz der deutschen Minderheit verloren ging.
Erfahrungen aus vielen Ländern beweisen, daß nur in
reichen Demokratien die Minderheiten akzeptiert und unterstützt
werden.
Für viele deutsche Politiker wäre es leichter, die Politik
mit Polen ohne die deutsche Minderheit zu führen. Wenn man
die Anfragen im Deutschen Bundestag beobachtet, kann man die Versuche
der Instrumentalisierung der deutschen Minderheit in der innerdeutschen
Politik feststellen. Für diese Politiker bildet offensichtlich
die Minderheit ein Hindernis.
Nach einer anfänglich äußerst turbulenten Entwicklung
der Demokratie in Polen mit fast totalitären politischen Kämpfen,
niedriger politische Kultur erfüllte Polen nach und nach das
von der EU für den Beitritt aufgestellte Postulat eines stabilen
demokratischen Institutionensystems, zu dem auch entsprechende Minderheitenregelungen
gehörten.
Durch die Erweiterung der EU im Jahre 2004 um zehn neue Mitglieder,
die fast alle erhebliche Minderheitenprobleme mit sich führen,
hat das Thema wieder an Brisanz gewonnen.
Die deutsche Minderheit ist treibende Kraft bei Aufbau und Weiterentwicklung
der Partnerschaften zwischen polnischen und deutschen Städten
und Kreisen. Die öffentliche Arbeit der Minderheit im wirtschaftlichen,
kulturellen und sozialen Bereich beschleunigt den Abbau alter Stereotype
der Deutschen in Polen. Nicht zuletzt liegt es auch an der Loyalität
der in der Region wohnenden Deutschen gegenüber dem polnischen
Staat und seinen Behörden.
Es liegt besonders an der deutschen Volksgruppe in Polen, den starken
Brückenpfeiler zwischen Polen und Deutschland zu bilden. Mit
einer erfolgreichen Integration Polens in die europäischen
Strukturen steht und fällt das Schicksal der deutschen Volksgruppe
in Polen und kann einen Teil der in der Bundesrepublik lebenden
Jugend zur Rückkehr bewegt werden.
Denn nur im dauerhaft europäischen Polen hat die deutsche
Minderheit eine menschenwürdige Zukunft.
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